Adam von Bremen, der im 11. Jahrhundert lebte, erzählte in seiner Chronik die Geschichte der Bistümer Bremen und Hamburg, die damals das Anliegen verfolgten, den Norden Europas zu christianisieren. Dabei beschrieb er eine Vielzahl unterschiedlichster „heidnischer“ Bevölkerungsgruppen im Nord- und Ostseeraum. Im Rahmen eines solch groß angelegten regionalen Vergleichs erfuhren die Pruzzen eine recht freundliche Bewertung.

Von den Inseln an der Slawenküste habe ich drei als bemerkenswert nennen hören: Die erste heißt Fehmarn. Sie liegt Wagrien so nahe gegenüber, daß sie ebenso wie Lolland von Oldenburg aus zu sehen ist. Die zweite, den Wilzen gegenüber, gehört den Ranen oder Runen, einem besonders tapferen Slawenstamme, ohne dessen Befragung rechtens nichts Allgemeinverbindliches geschehen darf; so sehr achtet man ihn wegen seiner engen Verbundenheit mit den Göttern oder vielmehr Dämonen, denen er mit strengerer Verehrung dient als andere. Diese beiden Inseln sind voller Raubschiffer und grausamer Seeräuber, die keinen Vorüberfahrenden schonen. Während andere sie gewöhnlich verkaufen, töten sie alle. Die dritte Insel, Samland, liegt in der Nähe der Russen und Polen. Samländer oder Pruzzen bewohnen sie, sehr menschenfreundliche Leute, die von Seenot oder Raubschiffern bedrohten Seefahren entgegenfahren, um ihnen zu helfen. Gold und Silber gilt ihnen gar nichts; auch besitzen sie massenhaft fremdartige Pelze, deren Duft das todbringende Gift der Prunksucht in unsere Welt gebracht hat. Sie jedoch achten das alles nicht höher als Mist und sprechen damit uns, wie ich glaube, das Urteil, denn wir gieren um jeden Preis nach einem Marderpelz wie nach der ewigen Seligkeit. Deshalb bieten sie für die bei uns „Falte“ genannten Wollstoffe so kostbare Marderfelle. Über die Sitten dieser Völker ließe sich noch viel Erfreuliches sagen, hätten sie nur den Glauben an Christus, dessen Verkünder sie wild verfolgen. Bei ihnen empfing der herrliche Böhmenbischof Adalbert die Krone des Martyriums. Während sie aber sonst alles mit uns teilen, verwehren sie unseren Leuten bis auf den heutigen Tag den Zugang zu ihren Hainen und Quellen, denn die könnten, wie sie meinten, durch den Besuch von Christen entweiht werden. Pferdefleisch dient bei ihnen als Speise, Pferdemilch und -blut als Trank, mit dem sie sich angeblich berauschen. Die Menschen sind bleichgrün, haben rote Gesichter und tragen langes Haar. Zudem wollen diese hinter Sümpfen unfaßbaren Leute unter sich keinen als Herrn dulden.

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Quelle: Adam von Bremen: Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche/Adami Bremensis Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum, aus dem Lateinischen übersetzt von Werner Trilmich, in: Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche.