Sowjetrepublik – dies war ein Status, der in Litauen nur wenigen Menschen behagte. Klaipėda mit seinem Ostseehafen bot einen schmalen Türspalt zur Außenwelt. Im Kalten Krieg, als Grenzüberschreitungen zwischen Ost und West ein brisantes und höchst politisches Phänomen waren, bot die Geschichte von Jonas Pleškys idealen Stoff für einen Bestseller und Hollywood-Film:

Der Mann von „Roter Oktober“

"Das Atom-U-Boot „Roter Oktober“ begann seine Fahrt an der Basis Poljarnyj, nicht weit von Murmansk, und nur die Kapitän wusste, dass es seine letzte Fahrt sein würde. Denn einige Zeit später waren alle sowjetischen Kriegsschiffe im Nordatlantik damit beauftragt, nach „Roter Oktober“ zu fahnden, während die Amerikaner Alarm schlugen, weil sie ein Atom-U-Boot ausfindig gemacht hatten, das sich ihren Küsten näherte und genug Waffenkraft besaß, um halb Amerika zu zerstören. So begann die Jagd auf „Roter Oktober“. Das Vorbild für den Film nach dem Roman von Tom Clancy war Leutnant Jonas Pleškys, der einst an der Marinebasis Klaipėda gedient hatte und der später mit Clancy in den USA zusammentraf.

Mitten im Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion, tauchte am 7. April 1961 nahe der schwedischen Insel Gotland ein sowjetisches militärisches Versorgungsschiff auf, das vom Kurs abgewichen war. Die gesamte Crew, mit Ausnahme des Kapitäns und eines Seemanns, war im festen Glauben gewesen, sie steuere auf die Marinebasis im lettischen Liepāja zu. Kapitän Jonas Pleškys und sein Begleiter gingen an Land, vorgeblich um den Schiffsrumpf zu begutachten, und kamen nie mehr zurück.

Jonas Pleškys wurde 1935 im damals noch unabhängigen Litauen geboren, fünf Jahre, bevor die sowjetische Besatzung des Landes begann. Seine Eltern wurden nach Sibirien verschleppt und starben dort. In den Wirren der Nachkriegszeit gelang es Jonas Pleškys und seinen vier Schwestern, das gleiche Schicksal zu vermeiden. 1959 absolvierte Pleškys die Militärmarineschule in Leningrad, diente zunächst in mehreren U-Botten und wurde später Kapitän eines Versorgungsschiffs in Klaipėda, wo eine kleine Flotte von Aufklärungs-U-Booten stationiert war. Sein Schiff war der sowjetischen Atom-U-Boot-Flotte zugeordnet und transportierte chemische Materialabfälle zum Kriegshafen von Liepāja oder versenkte sie in neutralem Gewässer. Für seinen Sprung über den „Eisernen Vorhang“ und die Überstellung seines Schiffs in den Westen, wurde Jonas Pleškys von einem sowjetischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Seine Geschichte wurde gleichzeitig zur Vorlage für einen der berühmtesten Filme über den Kalten Krieg."

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Quelle: Vigantas Vareikis: 99 Stories about Klaipėda, Klaipėda 2009.