Die russische Neusiedlerin Anna Andrejewna Kopylowa berichtet von den 1940er Jahren:

Theoretisch wußten wir, daß wir in der Nähe eines wunderschönen Meeres leben, aber praktisch hatten wir keine Möglichkeit, dorthin zu gelangen. Die Straßen waren alle zerstört. Auch fuhren noch keine Passagierzüge nach Swetlogorsk oder Selenogradsk. Einmal baten wir Komsomolzen unseren Betriebsdirektor, ob er uns für eine Fahrt ans Meer sein Auto leihen würde. Er gab es uns. Wir sangen während der Fahrt und waren sehr vergnügt. Die gesamte Straße nach Swetlogorsk war völlig beschädigt. Als wir aber Kaliningrad hinter und gelassen hatten, waren wir nach all den Ruinen erstaunt, daß Swetlogorsk nicht zerstört war. Sämtliche deutsche Häuser waren erhalten. Was für ein Anblick, welche Schönheit! Was für eine Luft! Die Häuser waren ungewöhnlich, kleine Wege führten zu ihnen, und Vorgärten waren ringsherum. Wir verliebten uns in jedes einzelne Haus, Der Strand war ungefähr hundert Meter breit, der Sand war außergewöhnlich gelb und fein, er knirschte unter den Füßen, kein Stein war zu sehen. Heute gibt es diesen Strand in Swetlogorsk praktisch nicht mehr. Bald schon organisierten die Stadtverwaltungen von Kaliningrad Transporte ans Meer. Damit die Menschen sich am Meer erholen konnten, wurden Lastzüge mit Bänken ausgerüstet. Sie fuhren vom „Platz der drei Marschälle“ los. In den Zeitungen wurde eine Beschreibung abgedruckt, die Auskunft über die Route gab. Morgens wurden die Menschen im Lauf von zwei Stunden ans Meer gefahren und abends im Lauf von zwei Stunden wieder zurückgebracht. Die Reisen mußten bezahlt werden, Fahrkarten wurden hier auf dem Platz verkauft.

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Quelle: Eckhard Matthes und Jurij Kostjašov (Hg.): Als Russe in Ostpreußen. Sowjetische Umsiedler über ihren Neubeginn in Königsberg/Kaliningrad nach 1945. Ostfildern 1999, S. 289 – 291.