Ausflug mit Kind

Wohin zum Sonntagsausflug? Im Europa nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Foto, das einen Kinderwagen vor einer Ruine zeigte, zunächst einmal nicht ungewöhnlich, sondern im Gegenteil sogar sehr typisch. Zum einen hatten viele Städte starke Kriegszerstörungen erlitten, zum anderen setzte in vielen Ländern ein starker Geburtenanstieg ein, der auf einer ganz persönlich-familiären Ebene signalisierte, dass der Krieg überstanden und neue Zuversicht eingekehrt war. Das Besondere an diesem Bild ist, dass es in Kaliningrad im Jahre 1965 entstand, zu einem Zeitpunkt also, als in Mittel- und Westeuropa die Trümmer längst geräumt und Neubauten gewichen waren. Im sowjetischen Teil des „Pruzzenlandes“ setzte der Wiederaufbau aller offiziellen Propaganda zum Trotz weitaus zögerlicher ein. Die Ruine des Schlosses wurde 1967 gesprengt. Eine neue Bebauung mit einem „Haus der Räte“ setzte in den 1970er Jahren ein, blieb aufgrund statischer Probleme aber unvollendet. Über Jahrzehnte hinweg erlebten die Einwohner Kaliningrads an einem zentralen Platz ihrer Stadt somit ein Setting wie in den ersten Nachkriegsjahren.

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Bildquelle: Aus der Sammlung Oleg Maksimov, in: Maksim S. Popov (Hrsg.): Parallel Memory. 150 years of Königsberg and Kaliningrad history in photographs/Parallel’naja pamjat‘. 150 let istorii Kenigsberga i Kaliningrada v fotografijach, Kaliningrad 2012, S. 273.