Am Idealbild der erfolgreichen und mächtigen Herrscher Preußens ließ sich in deutschen Schulbuchdarstellungen lange Zeit nicht rütteln. Oder doch? In den Anfangsjahren der Weimarer Republik öffnete sich zumindest für einen Autor ein Zwiespalt: So galt der absolutistische Staat zwar als eine historische Notwendigkeit, doch der Widerstand der preußischen Stände im Kampf für alte Rechte und Freiheit weckte auch Sympathie.

Zur Erhaltung eines starken, schlagfertigen Heeres brauchte Friedrich Wilhelm ausreichende, regelmäßige Staatseinkünfte. Dabei traf er aber auf den Widerstand der Landstände, die unter seinen Vorgängern weitgehende Rechte erworben hatten, die sie nicht fahren lassen wollten; die preußischen Landstände knüpften sogar, um ihn nicht zu mächtig werden zu lassen, Verbindungen mit den Polen an. In diesen Kämpfen handelte es sich darum, ob die einzelnen, vom Kurfürsten beherrschten Landesteile zu einem einheitlichen Staatswesen zusammenschmelzen, oder ob die staatliche Zersplitterung fortdauern sollte. Der Kurfürst ist mit Schärfe vorgegangen, am schärfsten in Preußen: der Schöppenmeister von Königsberg, Hieronymus Roth, ein mutiger Kämpfer für das, was er für das gute Recht der Stände hielt, wurde verhaftet und starb im Kerker; den Oberst von Kalckstein, der in Warschau gegen ihn Ränke schmiedete, ließ er dort festnehmen, nach Preußen bringen und enthaupten.

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Quelle: Neubauer, Friedrich: Grundzüge der Geschichte für höhere Lehranstalten, Teil 4: Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongreß, für die Mittelstufe, Halle/Saale 21925, S. 10 – 11.